30. Juni 2011

Der Countdown rückt näher - Finaler Systemtest

Morgen findet der erste Teststart des Ballons statt. Um sicherzugehen, dass das System funktioniert, haben wir einen Systemtest durchgeführt. Dafür haben wir alles bis auf den Ballon und die Elektronik flugfertig aufgebaut und haben anschließend die einzelnen Komponenten getestet. Nachdem wir die Struktur hochgezogen haben, haben wir einen Dropout-Test durchgeführt. Da wir schlecht die Abwurfhöhe für die Elektronik simulieren können, haben wir die Elektronik so programmiert, dass nach einer kurzen Wartezeit nach Einschalten der Elektronik der Pyrocutter ausgelöst wird. Um gleich zu testen, ob Strom und Spannung reichen, haben wir 5m Zwillingslitze benutzt. Diese Länge entspricht beim Flug der Entfernung zwischen der Box und dem oberen Pyrocutter, der im Zweifelsfall den Ballon abtrennen kann. Es hat sich gezeigt, dass das einfache Netz absolut zuverlässig alle Papierflieger in die Freiheit entlassen hat


Anschließend haben wir die Box am Fallschirm absteigen lassen. Es haben alle Teile überlebt, Fallschirm also richtig dimensioniert :-).

Gleichzeitig haben wir auch die GoPro Hero-Kameras getestet. Die Bilder sind genauso, wie wir sie uns vorgestellt haben. Wenn alles klappt, und wir die Box nach der Landung wieder finden, haben wir morgen Bilder von Papierfliegern, die fast im Weltraum waren.

Jetzt muss ich aber erst mal weiter Software schreiben, die letzten Zeilen Code dürfen morgen nicht fehlen!

22. Juni 2011

Das Netz - runter sollen sie immer!

Die Hauptaufgabe des Ballonfluges ist es natürlich, die Papierflieger in großer Höhe auszusetzen. Auf der Suche nach einem zuverlässigen Weg dies zu tun wurden diverse Prototypen entwickelt und getestet.
Wichtig war dabei neben dem zuverlässigen Aussetzen der Flieger auch eine möglichst leichte Konstruktion, denn je weniger die Struktur wiegt, desto mehr Papierflieger können mitgenommen werden.
Es gab Befürchtungen, dass sich ein Großteil der Flieger in den Netzmaschen verfangen würden. Daher wurden zahlreiche Konzepte mit einem starren Rahmen entwickelt, welcher dann ein schnelles und weites Öffnen des Fliegerreservoirs gewährleisten sollte.


Im Bild ist ein Prototyp aus Holzleisten und
Vogelschutznetz zu sehen, welches beispielsweise von Obstbauern benutzt wird. Es wurde auch noch eine zweite, leichtere Variante aus Schaumstoffröhren gefertigt.

Leider hatten alle starren Entwürfe Probleme mit dem Gewicht, weshalb einzelne Tests mit freihängenden Netzen gemacht wurden. Nachdem diese erfolgreich verliefen wurde diese zudem um ein vielfaches einfachere Variante für die Flugversion ausgewählt. Dabei ist ein rundes Netz in der Mitte an der Verbindungsleine zwischen Box und Ballon befestigt. Der Rand des Netzes ist, bei großen Maschen direkt, bei kleinen Maschen mithilfe von Ösen, auf einen kurzen Ring aus Band aufgefädelt, welcher wiederum oberhalb des ersten Befestigungspunktes an der Hauptleine befestigt ist. Wird dieser Ring durchtrennt, rutscht der Rand des Netz von diesem ab, das Netz stülpt sich aufgrund seines Eigengewichts und des Gewichts der Flieger um und setzt diese frei.

Um die Qualität der bei diesem Aufbau zu erwartenden Videobilder zu beurteilen, besonders im Hinblick auf eine gleichmäßige Freisetzung der Flieger in alle Richtungen, wurde ein Protoypennetz an ein Seil zusammen mit einer ersten Version der Box samt Kamera befestigt und mit Papierfliegern gefüllt. Der Test, welcher durch manuelles Durchschneiden des Seilrings auf einer Plattform der Feuerleiter durchgeführt wurde, lieferte einen guten ersten Eindruck dieser Aufnahmen:


Für den Flug ist geplant, den Seilring mittels eines Pyrocutters zu durchtrennen, welcher eigentlich für das Auslösen des Reserveschirms bei Fallschirmspringern gedacht ist und entsprechend zuverlässig funktioniert.
Dieser Pyrocutter wird von der Elektronik ausgelöst, wenn bestimmte Kriterien bezüglich der Flugdauer, Flughöhe, etc. erfüllt sind.

20. Juni 2011

Rangetest - Halten die Funkmodule die versprochene Reichweite?

Wir möchten mit unserem Ballon schöne Aufnahmen von Papierfliegern in der Stratosphäre machen. Ein Livebild ist leider nicht möglich, da die benötigte Bandbreite der Kameras zu groß ist. Aber wir können die Kameras ja im Nachhinein auswerten. Dafür müssen wir die Box, die unter dem Ballon hängt allerdings nach der Landung am Fallschirm wiederfinden. Als Notfallsystem haben wir ein GSM-Modem an Bord, dass über das Handynetz eine SMS mit den Landekoordinaten verschickt. Um allerdings auch während des Fluges die Position und die Höhe des Ballons zu bekommen, haben wir ein Funkmodem an Bord, dass im 868MHz-SRD-Band sendet. Laut Hersteller soll man damit 40km überbrücken können. Das will natürlich vor dem ersten Flug getestet sein :-)

Wir sind dann mit Ballon-Elektronik und Empfangslaptop nach Wittmar im LK Wolfenbüttel gefahren und dort auf den Bismarckturm geklettert. Dort haben Daniel und Franzi dann mit der Elektronik und einer 2dBi-Dipolantenne gewartet, während Georg und ich mit dem Auto durch das Harzvorland gefahren sind. Wir hatten drei Antennen zur Auswahl:
  • 2dBi Dipolantenne
  • 8dBi Patchantenne (55° h/v)
  • 12dBi Patchantenne (45° h/v)
An drei Orten haben wir dann versucht, die Ballonelektronik zu empfangen. Auf der Karte kann man erkennen, dass wir als größte Entfernung 26 km überbrücken konnten. Leider reichte unsere Zeit nicht mehr, noch weiter weg zu fahren. Aber wir werden demnächst noch einen zweiten Test durchführen und versuchen, eine noch größere Distanz zu überbrücken. Ich bin optimistisch, das der Versuch gelingen wird, da wir die 26 km problemlos mit der kleinen 2dBi-Dipolantenne überbrücken konnten.

Der Rangetest hat uns allerdings gezeigt, dass wir die Software auf beiden Seiten noch etwas an den Feldeinsatz anpassen müssen. Nach wenigen Minuten hat das Funkmodul auf der Ballonseite immer wieder aufgehört zu senden. Dieses Problem haben wir inzwischen in den Griff bekommen und können ohne Unterbrechung senden. Das 868MHz-SRD-Band ist auf 10% Sende-Dutycycle begrenzt (bezogen auf eine Stunde). Da wir die Datenrate am Anfang etwas zu hoch gewählt hatten und ein Parameter der Module falsch gesetzt war, sind wir schon nach ein paar Minuten in diese Begrenzung geraten (Die Module haben als Fehlersicherung jedes Datenpaket mehrfach gesendet).

Wir sind gespannt auf die Ergebnisse des nächsten Tests!

Aufstiegsberechnung - Wie hoch wird der Ballon kommen?

Nachdem das Gesamtsystem an Form annimmt und die einzelnen Massen der Subsysteme genauer bestimmt werden können, ist es Zeit die Berechnung des Fluges zu verfeinern. Die bisherige Dimensionierung beruht auf Abschätzung und Erfahrungswerten aus anderen Projekten. Deshalb wurde ein kleines Berechnungstool basierend auf einer Tabellenkalkulation erstellt, mit dem sich der Ballonaufstieg simulieren lässt.

Zunächst wurde die Atmosphäre modelliert, um bei gegebenen Bodenbedingungen Druck und Temperaturverlauf in Abhängigkeit der Flughöhe zu bestimmen. Über das ideale Gasgesetz und die Heliummasse im Ballon lässt sich dessen Volumen bestimmen. Der Einfluss der Spannung durch das Aufblasen der Ballonhülle wurde dabei jedoch vernachlässigt, da keine zuverlässigen Werte des Elastizitätsmodul vorliegen und dieser zudem nichtlinear vom Ballondurchmesser abhängt.
Über das Ballonvolumen und die Umgebungsbedingung lässt sich die Auftriebskraft bestimmen und damit nach Abzug der Gewichtskraft und des Luftwiderstands auch die Beschleunigung. Über die Zeit integriert erhält man die Aufstiegsgeschwindigkeit und eine weitere Integration liefert die Höhe. Die Integration wird numerisch mit der Tabellenkalkulation durchgeführt.

Im folgenden wird eine Bespielrechnung mit einem Systemgewicht von 5 kg und einer Heliummasse von 1,15 kg aufgeführt. Bei einer Bodenbedingung von 300 Kelvin (etwa 27°C) und 1,013 bar ergeben sich bei einem Ballon-Berstdurchmesser von 11 m folgende Werte:




Flughöhe und Ballondurchmesser in Abhängigkeit der Flugzeit

Man kann dem Diagramm entnehmen, dass der Berstdurchmesser von 11 m nach einer Zeit von 4500 s (1 Stunde 15 Minuten) in einer Höhe von ca. 32 km erreicht wird. Die folgende Grafik zeigt die Temperatur und den Luftdruck in Abhängigkeit der Flughöhe:



Druck und Temperatur in Abhängigkeit der Flughöhe

Hier kann man deutlich erkennen, welchen Umgebungsbedingungen der Ballon und die Elektronik ausgesetzt sind und nach dem Flug die Daten mit den Annahmen der Vorauslegung abgleichen.

Mithilfe dieser Daten kann der Flug geplant werden und die Parameter für die Gipfelpunkterkennung und Sicherheitsauslösung in der Software eingestellt werden. Falls die Nutzlastmasse angepasst oder Gipfelhöhe und Aufstiegszeit verändert werden sollen, kann mithilfe des Tools schnell der Flugablauf berechnet werden und gegebenenfalls die Heliumfüllmenge angepasst werden.

Insgesamt ist die berechnete Flugleistung wesentlich besser als in der ersten Abschätzung. So besteht die Möglichkeit, mehr Nutzlast als ursprünglich geplant mitzuführen. Die Elektronik ist auf einen Betrieb von knapp 6 Stunden ausgelegt. Das bietet genügend Zeitreserve für einen durch zuzätzliche Nutzlast verlangsamten Aufstieg. Weiterhin besteht die Möglichkeit, mehr Helium in den Ballon zu füllen. Durch diese Maßnahme lässt sich die maximale Nutzlastmasse ebenfalls vergrößern.

19. Juni 2011

Die Verpackung und was drin ist...

Wie bringt man die elektronische Geräte auf eine Höhe von 30 Kilometer ohne das sie dabei einfrieren? Und wie kommt alles wieder heile runter? Fragen, die geklärt werden mussten.
Was hoch muss war, im Prinzip schon vorgegeben: zwei Kameras um möglichst viel vom Geschehen aufzunehmen, die Elektronik und die Papierflieger. Von den Papierfliegern werden wir später noch erzählen. Runter kommt alles am Fallschirm, nachdem der Ballon in etwa 30 km Höhe geplatzt ist.

Angesichts von Temperatur von -60° Celsius, bei denen nichts elektronisches ungeschützt überlebt, braucht die Elektronik unbedingt eine Schutzhülle. Schnell kamen wir auf die Idee eine Styroporbox zu verwenden. Die ist sehr leicht und lässt durch drei Zentimeter dicke Wände kaum Wärme durch. Nur der Platz ist innen ganz schön knapp.

Um den wertvollen Platz möglichst sinnvoll auszunutzen, haben wir uns für GoPro HD Hero Naked-Kameras entschieden. Diese Kameras haben auch schon bei anderen Near-Space-Ballonprojekten ihre Tauglichkeit unter Beweis gestellt. Selbst als wir sie in -78°C kaltes Trockeneis gelegt haben, sind sie noch fast eine Stunde weiter gelaufen. Auch der Test in der Vakuumkammer konnte ihnen nichts anhaben. Damit sind sie für unsere Mission, bei denen diese Extrembedingungen gar nicht auftreten, bestens geeignet.
Kameratest in unserer Vakuumkammer
Für das Innere der Box haben wir uns eine Konstruktion aus Styropor ausgedacht, damit die Komponenten nicht verrutschen und auch einen harten Aufprall überleben. Das haben wir natürlich nicht irgendwie getan, sondern mit Hilfe von eines CAD-Programms konstruiert. Als Nebeneffekt kann man hübsche Bilder unseres Werks erstellen ;-)







Die konischen Aussparungen ermöglichen es den Blickwinkel (127°) der Kameras voll auszunutzen. Die Kegel haben wir mit einer selbst gefertigten "professionellen" Styroporkegelschneidmaschine hergestellt.

Um die Box kleben wir zum Schluss noch eine orange Schutzfolie, damit sie leicht gesehen werden kann. Wer also demnächst die Box vom Himmel schweben sieht, kann uns ja mal schnell Bescheid geben...
Link

17. Juni 2011

Elektronik und Softwareentwickung

Die benötigten Bestandteile der Elektronik waren uns schnell klar:
  • Mikrocontroller aus der ATMega-Serie zur Steuerung
    Die Wahl fiel hierbei auf den ATmega1280, weil dieser von Haus aus 4 UARTs mitbringt.
  • GPS-Empfänger (GPS-622R) zur Ortung des Ballons im Flug und nach der Landung
  • Luftdrucksensor zur Unterstützung der Höhenmessung
  • Temperatursensor zur Kalibrierung der Höhenmessung über den Luftdruck
  • XBee 868 Funkmodul von Digi zur schnellen Datenübertragung bis zu einer Weite von 40km
  • Flash-Speicher zur Datenspeicherung ohne Funkverbindung
  • GSM-Modem (XM7000S) zum Senden der Landeposition ohne direkte Funkverbindung per SMS
  • FT2232D als USB-Anschluss zum Auslesen des Speichers



Der Schaltplan wurde entworfen und nach dem Eintreffen der ersten Teile konnte man das Aussehen schon erahnen:


Platinenlayout mit dem GSM-Modem (links) und dem XBee-Funkmodul (rechts)

Nach einigen Lötstunden war die Hardware dann auch fertig:

Halb bestückte Elektronik
Blieb "nur" die Programmierung.
Hier wurde viel Energie in die Konzeption gesteckt, um am Ende eine saubere Basis zu bekommen, um ähnliche Projekte in Zukunft einfacher zu realisieren.

Um die Datenerfassung und die Verarbeitung, Speicherung und Sendung unabhängig zu programmieren, wurde eine Struktur mit Schnittstellen zwischen den einzelnen Modulen definiert.

Programmentwurf an der Tafel

Nun konnte das eigentliche Schreiben der Software beginnen. Die Einzelteile werden dabei immer wieder getestet, um auch den letzten Fehler zu finden.
Am Computer wird dabei mittels eines JTAG Adapters das Programm auf dem Mikrocontroller Schritt für Schritt ausgeführt, um den Programmfluss zu kontrollieren.

Aber jetzt muss ich weiterarbeiten, die Funk-Routinen schreiben sich nicht von alleine ;-)

15. Juni 2011

Mission Paperspace – Wie alles begann

Wir, die ExperimentalRaumfahrt-InteressenGemeinschaft e.V. der TU Braunschweig, sind eine studentische Vereinigung mit ca. 25 aktiven Mitgliedern, die sich mit experimenteller Raumfahrt beschäftigen. Unsere Kernthemen sind die Konstruktion und Fertigung von Experimentalraketen und der Bau eines CubeSats.

Im März bekamen wir aus Hannover eine Anfrage vom Verband Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitende Industrie Norddeutschlands e.V. Es ging darum, auf der IdeenExpo 2011 in Hannover Wetterballons zu starten, die einige hundert Papierflieger fast bis ins Weltall bringen und dort auswerfen.

Nach dem ersten gemeinsamen Treffen entschlossen wir uns, eine einfache Phase A-Studie zu erstellen, um den zeitlichen und materiellen Aufwand für ein derartiges Projekt abzuschätzen. Um es kurz zu machen: Wir haben uns entschlossen, das Projekt durchzuführen!




Jetzt mussten viele Detailfragen geklärt werden, Struktur und Elektronik wurden entwickelt, Teile gekauft, Halbzeuge bearbeitet. Davon sollen die folgenden Beiträge handeln.



Erste, grobe Skizze des geplanten Aufbaus